Bällebad auf dem Belebungsbecken
Die Kläranlage Langenreichenbach des Abwasserzweckverbandes Heidelbach behandelt die Abwässer der Gemeinden Mockrehna, Thallwitz, Belgern-Schildau und einen Teil der Stadt Torgau im Landkreis Nordsachsen im Freistaat Sachsen und verfügt über eine Reinigungskapazität von 16.000 Einwohnerwerten (EW). Die letzte Erweiterung zu einer zweistraßigen Belebungsanlage mit aerober simultaner Schlammstabilisierung erfolgte im Jahr 2002. Die tatsächliche Auslastung liegt derzeit bei etwa 83 Prozent der möglichen Kapazität. Wir haben bezüglich des Stickstoffes verschärfte Anforderungen für die Einleitung ins Gewässer. Der NH4-N muss unter 3 mg/l und die Nges-Konzentration unter 10 mg/l bleiben. Wir halten diese Werte betriebssicher ein, aber eine gute Überwachung und Kontrolle der biologischen Reinigungsprozesse ist schon erforderlich.
Seit einigen Jahren haben wir auf unseren Belebungs- und Nachklärbecken ein enormes Wachstum von Wasserlinsen. Die Wasserlinsen entwickeln sich so prächtig, dass sie einen dicken Teppich auf der Wasseroberfläche bilden. Das wäre zunächst kein Problem, aber unsere Messsonden, der automatische Probenehmer und die Schlammleitungen verkleben und verstopfen. Damit die Gerätschaften aber immer ordentlich funktionieren hatten wir einen unverhältnismäßig hohen Reinigungsaufwand.

Abb. 1: Wasserlinsenteppich muss mit Saugwagen aufwändig entfernt werden
Da wir keine Möglichkeiten hatten das Wachstum der Wasserlinsen zu verhindern blieb uns nur eine regelmäßige Entfernung übrig. Dazu haben wir mit einem selbstgebauten Schwimmbalken und ein paar Leinen die Wasserlinsen von einer zur anderen Beckenseite zusammengezogen und dann mit einem Saugfahrzeug von der Oberfläche abgesaugt. Um die ,,Entengrütze“ zum Saugschlauch zu bekommen, mussten wir zusätzlich noch mit Schneeschiebern alles heranführen. Die Arbeiten dauerten für die jeweils zwei Denitrifikations- und Anaerobbecken mindestens einen Tag. Es waren jedes Mal insgesamt vier Personen und ein Saugwagen zugange und das in manchen Jahren bis zu dreimal.
Durch einen Fernsehbericht bei Galileo kam mir zufällig eine ganz andere Lösung unseres Problems in den Sinn. In dem Beitrag wurde von einem Trinkwasserstausee berichtet, der mit Schwimmbällen abgedeckt wurde. Hier allerdings mit dem Ziel die hohe Verdunstungsrate des Wassers zu vermindern. Aber warum sollten die Schwimmbälle nicht auch bei unserer Wasserlinsenproblematik weiterhelfen? Ein Versuch war es wert. Nach kurzer Recherche im Internet haben wir einen Lieferanten für die Schwimmbälle, die Uwe Steinfeld GmbH EURO – MATIC, gefunden. Die Schwimmbälle, sogenannte BirdBallsTM sind aus UV-stabilisiertem HDPE gefertigt und haben einen Durchmesser von 100 mm. Üblicherweise werden sie zum Schutz von Wasserflächen vor Vögeln, der Algenbildung und des Wasserverlustes durch Verdunstung eingesetzt.
Um den Erfolg der Idee zu testen, haben wir zunächst nur eins der vier betroffenen Becken mit den Schwimmbällen bestückt. Für die vollständige Abdeckung der Oberfläche des anaeroben Beckens waren immerhin ca. 18.000 Kugeln, die in 11 Big Bags angeliefert wurden, erforderlich. Die Schwimmbälle haben wir einfach an einer zugänglichen Stelle auf die Beckenoberfläche aufgegeben. Die Schwimmbälle haben sich dann von selbst auf der gesamten Oberfläche gleichmäßig verteilt.

Abb. 2: das Einbringen der Schwimmbälle
Zur Beurteilung der Wirkung der Schwimmbälle gaben wir uns ein Jahr Zeit. Schließlich konnten wir über den gesamten Zeitraum feststellen, dass die Wasserlinsenproblematik tatsächlich eingedämmt war und die Schwimmbälle den regulären Betrieb des Beckens nie behindert haben.
Deshalb haben wir uns dazu entschlossen auch die drei anderen Becken komplett zu belegen. Damit war eine Anlieferung von weiteren 57 Big Bags und insgesamt 88.350 Schwimmbälle erforderlich. Ein Nachzählen der Bälle für die korrekte Abrechnung haben wir uns aber gespart.

Ab. 3: alle betroffenen Becken sind mit Schwimmbällen belegt
Ein schöner Nebeneffekt, auf den wir hoffen, wäre eine Wärmespeicherung im abgedeckten Becken um die Wassertemperatur auch in der kälteren Jahreszeit möglichst lange über 11°C zu halten. Somit wäre der Stickstoffabbau über einen längeren Zeitraum gewährleistet und wir würden das nachfolgende Gewässer noch besser schützen. Dazu haben wir aber noch keine messbaren Ergebnisse.
Autor
Ted Linke
Leiter Kläranlage/Kanalnetz
Abwasserzweckverband Heidelbach